Konzepte zum Übergang in den Beruf


Hintergrund

Spätestens mit dem erfolgreichen Abschluss eines Studiums stellt sich die Frage nach dem weiteren Werdegang. Absolvent/inn/en, die sich (zunächst) nicht akademisch weiterbilden, stehen zumeist vor dem Übergang in den Beruf. Befragungskonstrukte, die diese Phase in den Blick nehmen, sollen Auskunft darüber geben, ob, inwieweit und unter welchen Bedingungen Absolvent/inn/en ein erfolgreicher Berufsstart gelingt.  Neben der Dauer der Beschäftigungssuche treten dabei individuelle (vorhochschulische und hochschulische) Erfahrungsprofile sowie Unterstützungspotenziale bei der Stellenfindung in den Interessenfokus.

Differenzierung und Operationalisierung

In der Hochschul- und Arbeitsmarktforschung liegt bisher kein einheitliches Konzept zur Erklärung des Berufsübergangs vor. Zumeist wird die Dauer bis zu einer ersten beruflichen Platzierung erfragt, wobei z. T. unklar ist wann die Suchphase beginnt, in welcher Intensität und in welchem (geographischen) Radius sie stattfindet. Aus theoretischer Sicht (Suchtheorie, z. B. Stigler 1962) zeigt sich in der Suchdauer der Abgleich der jeweiligen Humankapitalstruktur mit den verfügbaren Beschäftigungsangeboten bzw. dem Lohnangebot, der bis zum Erreichen eines optimalen Verhältnisses aus Suchdauer und Angebot entsprechend eines festgelegten Anspruchsniveaus erfolgt. Bei (zu) kurzer Suche besteht das Risiko, eine weniger angemessene Stelle zu bekommen, eine zu lange Suchdauer geht hingegen mit der Abnahme des erworbenen Humankapitals – und daraus folgend, der Abnahme der Chancen auf eine angemessen Beschäftigung –  einher.

Granovetter (1973) begründet die erfolgreiche Stellensuche informationstheoretisch mit der Anzahl verfügbarer relevanter Informationen. Je mehr lose/offene Beziehungen das Netzwerk aufweist, desto eher besteht ein Zugang zu einer gewünschten Stelle (weak ties). Lin (2001) relativiert die Bedeutung Anzahl der Informationen mit Blick auf die Qualität des Kontakts (höhere Wahrscheinlichkeit, die Stelle auch zu vermitteln).

Bourdieu (1983) arbeitet mit dem Kapitalbegriff. Soziales Kapital kann akkumuliert, aber auch in ökonomisches oder kulturelles Kapital transformiert werden. Das Ausmaß sozialen Kapitals hängt davon ab, wie viel Kapital (ökonomisches, kulturelles, symbolisches) die für die Vermittlung relevanten Kontakte besitzen. Es geht also um die Verfügbarkeit von Ressourcen, was die Verfügbarkeit von Information (vgl. Granovetter 1973) mit einschließt, aber auch darüber hinausgeht, z. B. in Form konkreter Unterstützungsleistungen.

Woisch (2009) verbindet beide Sichtweisen indem er formelle und informelle Wege der Stellenfindung unterscheidet. Letztgenannte werden mit dem Einsatz sozialen Kapitals gleichgesetzt, wenn soziale Beziehungen die Handlungsgrundlage für die erfolgreiche Stellensuche darstellen (ebd.: 23). Für die adäquate Abbildung des Einflusses sozialer Beziehungen bedürfte es eigentlich eines Ressourcengenerators (z. B. Petermann 2015). Aufgrund begrenzter Platzressourcen im Kernfragebogen wird jedoch das in der Absolventenforschung bewährte Instrument der Erfassung der Wege der Stellensuche/Stellenfindung eingesetzt, welches die Unterscheidung von formellen und informellen Wegen sowie schwachen und starken Kontakten – und damit auch die Wirkung sozialer Kontakte – ermöglicht.

In enger Anlehnung an Woisch (2009) lassen sich die Wege der Stellenfindung wie folgt zuordnen:

  • formell: Bewerbung auf ausgeschriebene Stellen (z. B. Zeitung, Internet, Aushang); Eigenständiger Kontakt zu Arbeitgebern (Initiativbewerbung); Nutzung von webbasierten Netzwerken (z.B. XING, LinkedIn); Nutzung der Angebote des Career Service/ Career Center; Firmenkontaktmesse; Durch das Arbeitsamt/die Bundesagentur für Arbeit; Nutzung von privaten Vermittlungsagenturen
  • informell–weak ties: Der Arbeitgeber ist an mich herangetreten, Mit Hilfe von Freunden, Bekannten oder Kommilitonen; Durch Lehrende an der Hochschule; Durch einen Job während des Studiums; Durch Praktika während des Studiums, Durch Studien- oder Abschlussarbeit; Durch Praktika nach dem Studium; Durch (Neben-)Jobs nach dem Studium
  • informell–strong ties: Mit Hilfe von Eltern oder Verwandten
  • keine eindeutige Zuordnung möglich: Unternehmensgründung/ Selbständigkeit (gefiltert); Bewerbung auf Vorbereitungsdienst/ Referendariat; Sonstiges

Literatur:

Bourdieu, P. (1983): Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital. In: Kreckel, R. (Hrsg.): Soziale Ungleichheiten. Soziale Welt Sonderband 2. Göttingen. S. 183–198

Granovetter, M. (1973): The Strength of Weak Ties. The American Journal of Sociology 78. S. 1360–1380

Lin, N. (2001): Building a network Theory of Social Capital. In: Lin, N./Cook, K./Burt, R. S. (Hrsg.): Social capital. Theory and research. Sociology and economics. New York: de Gruyter. S. 3–29

Petermann, S. (2015). Persönliches soziales Kapital in Stadtgesellschaften. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden

Stigler, G. J. (1962): Information on the labor market. Journal of Political Economy 70: 94-105

Woisch, A. 2009. Vom Nutzen des Sozialen Kapitals beim Berufseinstieg von Hochschulabsolventen. Unveröffentlichte Diplomarbeit, Hannover: Gottfried Wilhelm Leibniz Universität Hannover


Verwendete Indikatoren:

Stellensuche / Keine Stellensuche

Wege der Stellensuche

Erfolgreicher Weg der Stellensuche

Dauer der Stellensuche

Stellensuche, Suchradius