Konzept nicht-traditionelle Absolvent/inn/en und nicht-traditionelle Studienangebote

Der Anteil von Studierenden und Hochschulabsolvent/inn/en hat in Deutschland, wie in den meisten ökonomisch hochentwickelten Ländern, einen Umfang erreicht, der ein Studium zum „Normalfall” werden lässt. Das wohl bekannteste Stufenmodell zur Bildungsexpansion von Trow (1973, 2007) beschreibt eine Entwicklung, bei der ein Studium zunächst einer kleinen Elite vorbehalten ist, dann mit Studierendenquoten von mehr als 15 Prozent zu Massenuniversitäten übergeht und als dritte Stufe mit mehr als 30 bis 50 Prozent Studierender von „universeller” Hochschulbildung spricht. Eine Kernaussage von Trows Theorie ist, dass Expansion mit einer wachsenden Differenzierung sowohl des Hochschulsystems als auch der Studierendenschaft einhergeht. Dies impliziert, dass einerseits spezifische Studienangebote für die Bedarfe der heterogenen Studierendenschaft entwickelt werden, welche hier zusammenfassend als “Nicht-traditionelle Studienangebote” bezeichnet werden und als Gemeinsamkeit eine hohe Betonung der Praxisorientierung aufweisen. Die entsprechenden Studienformate können etwa praxisintegrierend oder ausbildungsintegrierend (dual) konzipiert sein. Darüber hinaus ist eine Zunahme von (potentiell) berufsbegleitenden Studiengängen in unterschiedlichsten Organisationsformen (etwa Verbund- oder Franchisestudium) zu verzeichnen. Für Absolvent/inn/en solcher Studienangebote wird im AP 2017 eine inhaltlich angepasste Version des Fragebogens bereitgestellt.

Die Heterogenität von nicht-traditionellen Studierenden bzw. Absolvent/inn/en zeigt sich nach Hanft (2008) (in Anlehnung an Trow) durch folgende Charakteristika:

  • Der Studieneintritt erfolgt häufig nicht unmittelbar auf den Erwerb der Hochschulzugangsberechtigung, sondern zeitverzögert.
  • Das Durchschnittsalter der Studierenden ist höher (älter als 25 Jahre)
  • Ein hoher Anteil der Studierenden verfügt bereits über Berufserfahrung.
  • Der Anteil der Studierenden, die einer Vollzeit- oder zumindest einer Teilzeitbeschäftigung zur Studienfinanzierung nachgehen müssen, ist hoch.
  • Die Finanzierung des Studiums erfolgt unabhängig vom Elternhaus.
  • Die Studierenden/Absolvent/inn/en sind häufiger verheiratet bzw. Eltern.

Es ist nicht davon auszugehen, dass es zu einer vollkommenen Allokation von nicht-traditionellen Studierenden bzw. Absolvent/inn/en zu nicht-traditionellen Studienangebote kommt. Vielmehr ist anzunehmen, dass der Anteil der nicht-traditionellen Absolvent/inn/en auch in traditionellen Studienangeboten zunehmen wird. Ein weiterer Abstand zur Schulbildung einerseits und ein größeres Maß an Berufserfahrung andererseits, aber auch die ggf. vorhandene stärkere Belastung durch eine Vollzeiterwerbstätigkeit können sich in unterschiedlichster Form auf den Studienerfolg und in Folge auf auch die erzielbaren Bildungsrenditen auswirken. Zudem sind bei diesen Zielgruppen andere Übergangsquoten in Master- und/oder Promotionsstudium anzunehmen. Daher ist es angezeigt, diese Absolvent/inn/engruppe anhand entsprechender Indikatoren zu identifizieren und einer Detailanalyse zugänglich zu machen.

Literatur:

Hanft, A. (2008): Berufstätige Studierende – eine vernachlässigte Zielgruppe an deutschen Hochschulen. In: Kehm, B. (Hrsg.): Hochschule im Wandel. Die Universität als Forschungsgegenstand,  Frankfurt/New York: Campus, S. 107-118.

Trow, M. (1973): Problems in the Transition from Elite to Mass Higher Education. Carnegie Commission on Higher Education. In: Policies for Higher Education, from the General Report on the Conference on Future Structures of Post-Secondary Education, Paris: OECD, S. 55-101.

Trow, M. (2007): Reflections on the Transition from Elite to Mass to Universal Access: Forms and Phases of Higher Education in Modern Societies since WWII. In: Forest, J. J. F., Altbach, P. G. (Hrsg.): International Handbook of Higher Education, Dordrecht: Springer, S. 243-280.

Verwendete Indikatoren:

Höchster Schulabschluss
Art der Studienberechtigung
Zeitpunkt der Studienberechtigung
Berufsausbildung vor dem Referenzstudium
Aufstiegsfortbildung vor dem Referenzstudium
Berufliche Erfahrung vor Beginn des Referenzstudiums
Anerkennung Kompetenzen aus beruflicher Vorbildung
Teilzeitstudium
Erwerbstätigkeit im Studium
Finanzierung des Studiums
Alter
Partnerschaft
Kinder